Das zweite Leben des Löwen Tamrin
Tamrin war der letzte Löwe im alten Raubtierhaus des Leipziger Zoos, bevor die neue Löwensavanne entstand. Er starb im Alter von 19 Jahren im Juli 2000. Um an diese Tierpersönlichkeit zu erinnern, überließ der Zoo dem Naturkundemuseum das Löwenfell für die Aufstellung einer Dermoplastik.
Diese von Herman Ter Meer entwickelte Technik der Tierpräparation wurde in Leipzig von Präparator Horst Spicale fortgesetzt, der 1972 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 in unserem Museum arbeitete. Ihm oblag die schwierige Aufgabe der Wiederauferstehung des Löwen. Er bezeichnete dies später als größte Herausforderung seiner beruflichen Laufbahn.
Zunächst musste für das neue Innenleben des Tamrin ein künstlicher Körper beschafft werden. Marktführer für Nachbildung von Tierkörpern aus PU-Schaum ist eine Firma in den USA. Doch das Nacktmodel und sein Transport nach Deutschland hatten ihren Preis. Aber mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Leipzig gelang es diese Hürde zu nehmen. Leider stellte sich heraus, dass der aus sieben Einzelteilen zusammengesetzte Körper aus Hartschaum unserem alten Löwen partout nicht passen wollte. Er war einerseits zu groß und andererseits zu mager. Nun begann für Horst Spicale eine wahre Sisyphusarbeit. Er sägte, schnitzte und raspelte tagelang, wo zu viel war, und füllte PU-Schaum auf, wo etwas fehlte. Endlich hatte der Körper die Form, die er brauchte, um das Fell passgenau überzuziehen. Zuvor wurden allerdings noch die Glasaugen eingesetzt. Nachdem alle Schnittstellen vernäht und die Haut mit Nadeln an den Körper geheftet war, so das jeder Muskel plastisch hervortrat, stand der Löwe vor uns. Tamrin war auferstanden, den Blick in die Ferne gerichtet, so als wollte er nach seinen Artgenossen im Zoo ausschaut halten.