Ur- und Frühgeschichte
Im ersten Obergeschoss des Museums befindet sich die ständige Ausstellung zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte in Mitteldeutschland und speziell im nordwestlichen Sachsen. Die Exponate sind chronologisch geordnet und reichen vom Paläolithikum (Altsteinzeit), über das Neolithikum (Jungsteinzeit), Bronzezeit und Eisenzeit bis zu den Jahrhunderten nach Christi Geburt.
Silexartefakte der ersten Sachsen
Den Auftakt bilden die aus nordischem Feuerstein bestehenden Silexartefakte aus dem ältesten sächsischen Bodendenkmal, dem altsteinzeitlichen Fundplatz von Markkleeberg (Landkreis Leipzig), ‒ Hinterlassenschaften der "ersten Sachsen". Über einen Zeitraum von circa 120.000 Jahre wird der Fundplatz zwischen 280.000 und 160.000 Jahren vor heute immer wieder aufgesucht, um aus den vorliegenden Feuersteinknollen Werkzeuge zu schlagen. Dementsprechend bilden die Überreste der Bearbeitung wie Schlagabfälle, Halbfabrikate oder fehlerhafte Werkzeuge die Hauptfundgruppe. In Bezug auf Qualität und Quantität zählt Markkleeberg zu den bedeutendsten Fundplätzen des Paläolithikums in Mitteleuropa.
Der Beginn der Jungsteinzeit und die Statuette von Wehlitz
Das Neolithikum (circa 5.600/5.500 bis 2.200 vor Christus) geht einher mit der Sesshaftwerdung des Menschen. Mit den ersten Bauern Mitteleuropas vor circa 7.500 Jahren kommen nicht nur Neuerungen wie Ackerbau und Viehzucht nach Sachsen, sondern auch plastische menschliche Darstellungen. Die Frauenstatuette von Wehlitz (Schkeuditz, Landkreis Nordsachsen) gehört zu den wenigen überlieferten Tonplastiken der Linienbandkeramischen Kultur (circa 5.600 bis 4.950 vor Christus) und gewährt uns einen seltenen und kostbaren Einblick in die Vorstellungswelt der damaligen Menschen – ein herausragendes und für das Naturkundemuseum außerordentlich bedeutsames Objekt.
Die Grab- und Hortfunde der Bronzezeit
Die Bronzezeit (circa 2.200 bis 750 vor Christus) wird vor allem durch Funde aus Grabzusammenhängen und aus Depots repräsentiert. Ein einzelnes Urnengrab der Lausitzer Kultur aus Markkleeberg-Gautzsch (Landkreis Leipzig; 8 Jahrhundert vor Christus) ist zwar mit der so typischen großen Anzahl an Keramikgefäßen ausgestattet, einzigartig und überaus bemerkenswert machen es jedoch die über 400 Schmuckbeigaben aus Ton, Bronze und Glas. Ein Großteil davon wird zu einem mehrreihigen Halskollier gehört haben. Bedeutsam ist außerdem, dass Vergleichsfunde zu den einzelnen Perlenformen deutlich über Mitteldeutschland hinausweisen in Richtung Südosteuropa.
Während aus den Siedlungen und Gräbern der Bronzezeit vergleichsweise wenige Schmuckstücke und Werkzeuge aus Bronze überliefert sind, finden sich diese in größerer Anzahl in den wenigen Depotfunden. Der Sicheldepotfund von Ermlitz (Schkopau, Saalekreis, Sachsen-Anhalt; um 1.100 vor Christus) mit 50 Bronzesicheln und 4 Lappenbeilen ist durch seine Zusammensetzung als Besonderheit und regionale Eigenart des Saalegebietes anzusprechen und damit ebenfalls von herausragender Bedeutung für die Sammlung.
Die Eisenzeit und der Hortfund von Leipzig-Wahren
Ab dem 8. Jahrhundert vor Christus erlangt der Rohstoff Eisen immer größere Bedeutung – der Beginn der Eisenzeit (750 vor Christus bis Christi Geburt). Der Eisenhortfund von Leipzig-Wahren (6. Jahrhundert vor Christus), der aus der Hälfte eines Doppelspitzbarrens, einer Eisenluppe, eines verzierten Halsringes und weiteren vierzehn unterschiedlich großen Eisenringen besteht, bezeugt nicht nur weitreichende Kontakte in das Rheingebiet, sondern gilt als der früheste Nachweis örtlicher Eisenverarbeitung in ganz Mitteldeutschland.
Darüber hinaus zeugen sehr gut erhaltene Objekte aus Gräbern der vorrömischen Eisenzeit, besonders von den Fundorten Connewitz, Cröbern und Zehmen, von der kontinuierlichen Besiedlung der nordwestsächsischen Raumes.
Die römischen Funde von Markkleeberg und Schladitz
Vor allem zwei Fundkomplexe prägen die anschließende Römische Kaiserzeit und bilden gleichzeitig das Ende des Rundganges: der Grabfund von Markkleeberg-Gautzsch (Landkreis Leipzig; 0/50 nach Christus) und das Fürstengrab von Schladitz (Zwochau, Landkreis Nordsachsen; um 200 nach Christus). Während das Grab von Markkleeberg-Gautzsch kriegsbedingte Verluste und Beschädigungen aufweist, sind die Objekte des Fürstengrabes von Schladitz nahezu intakt. Beide Grabkomplexe enthalten herausragende Bronzegefäße (unter anderem eine Bronzepfanne vom Typ Aylesford), die als wertvolle Importe aus römischen Werkstätten ihren Weg nach Mitteldeutschland fanden. Daran anzuschließen sind die Bruchstücke römischer Terra Sigillata aus Zwenkau (Landkreis Leipzig) und Rötha (Landkreis Leipzig). Sie sind bis heute die einzigen Nachweise dieses wertvollen römischen Tafelgeschirrs in ganz Sachsen.